Das vorgelegte Projekt "FORUM THALIA" ist als Studie zu sehen, welche nach den im Ausschreibungstext beschriebenen Rahmenbedingungen versucht, die Möglichkeit für eine Überbauung dieses diffizilen Bereiches zwischen Opernring und Gleisdorfergasse auszuloten.

In der Studie soll heraus gearbeitet werden, wieweit diese Überbauung städtebaulich, wirtschaftlich, funktionell und architektonisch sinnvoll ist. Dass dabei verschiedene Bedingungen, die in früheren Studien festgeschrieben wurden, neu überlegt werden müssen, liegt in der Natur der Sache.
Vor allem in Bezug auf den Denkmalschutz gilt es, das Thalia- Gebäude der 50-iger Jahren trotz der geforderten zusätzlichen Nutzfläche eigenständig zu erhalten. Gesetztes Ziel ist es, die Architektur der Thalia so zu integrieren, dass eine neue Architektur-Gesamtheit entsteht.

Eine ähnliche Forderung ist der wirtschaftliche Aspekt, da die Neubaumaßnahmen dazu dienen müssen, den weiteren Verfall und das Leerstehen der Thalia insbesondere im Foyerbereich zu verhindern, mehr noch, den einst hohen Stellenwert in der Öffentlichkeit wieder zu erlangen.
Durch die hervorragende Lage - neben der Oper und in Beziehung zum Opernring und der angrenzenden Innenstadt - kann diese neue Architektur-Gesamtheit ein entschei-dendes Stadtzeichen von Graz werden.

Städtebau:
Aus Sicht der städtebaulichen Verträglichkeit heraus wird eine volle 2-geschossige Überbauung des Gesamtkomplexes vorgeschlagen. Teilbereiche über der Bühne Next Liberty und im Bürotrakt der Vereinigten Bühnen Graz sind eingerückt und ergänzen die unterschiedlichen bestehenden Niveaus. Der Grundgedanke des Entwurfes dafür ist, dass mit dieser Baumaßnahme eine klare Trennung zwischen vorhandener und neuer Bausubstanz gezeigt werden kann und vor allem der Baukörper durch seine Höhenentwicklung das Operngebäude nicht konkurrenziert.

Durch diese Längserstreckung der Überbauung soll die Situation Oper, Opernring und Stadtpark eine räumliche Einfassung erreichen.
Der neue Baukörper soll als leichte, moderne Konstruktion über dem bestehenden Ensemble schweben.
Von besonderer architektonischer und städtebaulicher Bedeutung ist es, die Bebauung sowohl im Untergeschoß (Geschäftspassage) als auch im obersten Geschoß bis an den Opernring heranzuführen, um damit den Straßenraum zu fassen.

Damit wird für die zukünftigen Nutzer des "FORUM THALIA" eine attraktive Situation geschaffen, welche den gesamten Opernring in eine neue Vernetzung stellt. Der Vorplatz der Oper wird durch diese Baumaßnahme als neue städtische Qualität definiert und soll mit seiner Dachterrasse auf dem neuen Baukörper vertikal erweitert und erreicht werden. Von diesem neuen Stadtplatz auf dem Dach, hier "Neuer Stadtplatz Forum Thalia" genannt, ist einer der attraktiven Ausblicke auf Oper, Altstadt, Kaiser-Josef-Markt und Stadtpark gegeben.
Neben den historischen Wahrzeichen von Graz kann dieser Platz zu einer modernen Entsprechung werden.

Eine der wichtigsten Forderungen für eine wirtschaftliche Realisierung ist es, dass die oberste Fußbodenhöhe nicht mehr als 22 m über dem tiefsten Geländepunkt liegt. Diese Forderung ist Grundlage für unseren Entwurf.

Funktionen:
Vereinigte Bühnen Graz und Next Liberty:
Die Hauptzugänge bleiben aus dem Bestand heraus gleich, ein Kulissenlift an der Nordfassade zur Oper vereinfacht die Andienung der Montage- und Depothalle und verbindet darüber hinaus die Probebühne der Oper und die der Next Liberty. Dieser ist von seiner Lage so gewählt, dass auch der bestehende Aufzug aus den Untergeschoßen der Bühnen Graz die neue Probebühne im Obergeschoß versorgen kann.

Im alten Depot des ehemaligen Zirkus wird eine Zwischendecke im 2. OG eingezogen. Diese Fläche dient Next Liberty-Künstlern als Probebühne. Kulissen, Kostüme und Requisiten schließen unmittelbar an diesen Bereich und verbinden die Bühnenbereiche miteinander. Die alte Stiege im Depot führt ebenso auf das Spielniveau der Jugend-bühne wie der neue Lift neben den Künstlergarderoben.

Die geforderten Flächen für die Vereinigten Bühnen und Next Liberty werden laut Ausschreibung erfüllt, sind von ihrer Erreichbarkeit vollständig unabhängig und funktionell autark.

Zum besseren Verständnis sind die Nutzungsbereiche und die Wegeführung für die Vereinigten Bühnen Graz und Next Liberty in einer eigenen Plandarstellung aufgestellt - siehe Niveau -3,58 m bis +9,50 m.

Acoton und Geschäftpassage:
Am Opernring entlang der Allee wird eine Treppenanlage mit Sitzstufen und Rampen zu der tiefer gelegenen Geschäftpassage vorgeschlagen. Diese Baumaßnahme erschließt die Geschäftzone auf attraktive Weise, die Shops sind dadurch von den vorbei fahrenden Autos am Ring erkennbar. Als Verstärkung der Wahrnehmung sind Glaseinhausungen am Dach bzw. Terrassenbereich eingeplant, welche die Möglichkeit zur Präsentation der einzelnen Aussteller bieten, der Thalia als Architektur-Gesamtheit dienen und vor allem die Frequenz der öffentlichen Ströme erhöhen.

Das Dach dieser Shops ist in der Höhe auf die Thalia abgestimmt und soll so ausgeführt werden, dass das Thalia-Gebäude frei gespielt ist und dieses Dach als Terrassenfläche genutzt werden kann.

Ein Lift führt von hier aus auf das oberste Geschoß des Gebäudes und erschließt der Öffentlichkeit eine neue Stadtqualität mit Aussicht auf Graz.

Dem Betreiber der oberen Geschoße wird eine Anbindung an die Tiefgarage Rosarium II ermöglicht, der Kunde oder der Arbeitnehmer gelangt somit in die Bereiche der Rezeption oder die Restauration im Obergeschoß der Thalia (ehemalige Foyerzone) über die vorher beschriebene Passage.

Eine gedeckte Vorfahrt zum geplanten Hotel wird von der Girardigasse vorgeschlagen. Zwei hauseigene Autostellplätze komplementieren die Eingangszone des Hotels und ermöglichen einen Zugang sowohl über das behindertengerechte Foyer wie auch über das Entreé im Erdgeschoss.

Die Anordung der Aufzüge wird dergestalt geplant, dass die Rezeption im 1. OG als zentrale Stelle eine optimale Übersicht über ihre Kunden erhält. Aus der Hotellobby ist jede Ankunft und Abfahrt erkennbar und schafft eine Übergangszone zur Restauration und Bar, welche auch von Besuchern der Theaterbereiche genutzt werden soll.

Die oberen Geschoße über dem jetzigen Bestandgebäude sind in ihrer Ausdehnung so ausgeführt, dass die geforderte Nutzfläche für ein zukünftiges Hotel/Büroeinheiten erreicht werden kann. Als Besonderheit ermöglicht die Errichtung von Lichthöfen und Terrassen eine Beobachtung des Geschehens in den Probebühnen, somit wird die Einzigartigkeit des Ortes unterstrichen und dem Gast ein besonderes Flair vermittelt.

Einschnitte in der Fassadenkonstruktion ermöglichen der Feuerwehr einen besseren Zutritt in das Gebäude und verdeutlichen die klare bauliche Trennung der Nutzungsbereiche.

Zweckmäßigkeit des Tragsystems:
Das Tragsystem wird aus Vierendel- oder Fachwerksträgern über mehrere Geschoße sowohl in Längs- als auch in Querrichtung durchlaufend ausgeführt und zu einer geschlossenen Rahmenkonstruktion verbunden. Die Querträger erhalten im Bestand Auflagerungen auf die bestehenden und zu verstärkenden Mauern. Die auftretenden Lasten werden so in den tragfähigen Bodenbereich abgeführt. Die Träger sind so ausgeführt, dass sie in den Raumtrennungen zu liegen kommen und damit gleichzeitig aussteifende, geschoßhohe Scheiben bilden.
Als horizontales Tragsystem kommen zwischen die Träger eingelegte STB-FT-Decken mit Aufbeton zum Einsatz.

Durch diese Konstruktion ist es möglich, den Baukörper schwebend darzustellen und vor allem eine stützenfreie Ansicht von der Oper und der Girardistrasse zu realisieren.

Das Tragsystem gestattet somit eine flexible Nutzung bzw. Raumaufteilung.

Das statische System wurde in den Grundzügen mit dem Büro DI Svetina besprochen.
Die von ihm angesprochene wirtschaftliche Lösung mit außenliegenden Säulen sollte auf jeden Fall nochmals kritisch hinterfragt werden, da dadurch im Sinne des Denkmalschutzes und der Gesamtgestaltung große Nachteile auftreten.
Auch hat sich bei ausgeführten Beispielen unseres Büros die von uns vorgeschlagene Lösung unter Berücksichtigung aller Faktoren als die wirtschaftlichere herausgestellt.