Das Areal der ehemaligen Brauerei Reininghaus ist das Herzstück des Stadtentwicklungsgebiets Graz-Reininghaus im Westen von Graz, das mit insgesamt 110 ha die größte Flächenreserve der Stadt ist. Mit seinen denkmalgeschützten Bauwerken soll es dem neuen Stadtteil Identität verleihen und die schwierige Pionierrolle übernehmen. Der städtebauliche Entwurf von Ernst Giselbrecht trägt dem Rechnung, indem ein Mix attraktiver Funktionen durch einen Vier-Phasen-Plan ergänzt wird, der darauf abzielt, den Stadtteil schon während der Entwicklungsphase zu beleben.

Durch das Quartier verläuft die im städtebaulichen Rahmenplan vorgegebene und sanften Mobilitätsformen vorbehaltene "Esplanade", entlang der Giselbrecht vier Bereiche definiert, die - parallel zur übergeordneten Hauptnutzung Wohnen - unterschiedliche Charaktere aufweisen. Diese manifestieren sich in den öffentlichen Räumen und der Bespielung der dreigeschoßigen Sockelzone sowie Sondernutzungen. östlich der Esplanade liegen die Bereiche "Urban" mit dem Hauptplatz, Gastronomie-, Büro- und Handelsflächen und einem Hotel und "Handel" mit einem von Bäumen beschatteten Marktplatz und Shoppingflächen, unter anderem in der denkmalgeschützten Tennenmälzerei. Westlich befinden sich die Bereiche "Wohnen" mit einem Quartierspark und einem bestehenden Kindergarten und "Kreativ" mit dem Kulturplatz, einem Stadtteilzentrum im ebenfalls geschützten Malzsilo, Ateliers und einer Schule. Vom Kulturplatz erreicht man eine einzigartige Besonderheit des Areals: die weitläufigen Kelleranlagen der Brauerei werden zugänglich gemacht und über ein, fast das gesamte Quartier durchziehendes Oberlicht mit Tageslicht versehen. Sie dienen - auch schon während der Bauzeit - den internationalen Festivals La Strada und Steirischer Herbst als außergewöhnliche Aufführungsorte. Die Keller werden auch nahe dem wiederbelebten Braugasthaus zugänglich gemacht, wo sie unter der großen Terrasse, einen Niveausprung nutzend, sichtbar gemacht werden und am "Eingang" des Stadtteils die mit Fahrrad, Straßenbahn oder Auto aus der Innenstadt Kommenden begrüßen.

Entlang der stark befahrenen Alten Poststraße rahmen zehngeschoßige Gebäude das Quartier. über den, zum Hauptplatz orientierten, öffentliche, gewerbliche und gemeinschaftliche Nutzungen beherbergenden Sockelgeschoßen liegt eine halböffentliche Grünebene mit variantenreichen Freiräumen und Nutzungen, die vom Hauptplatz den Blick zum Schloßberg, dem Grazer Wahrzeichen, freigibt. Darüber befinden sich Wohnungen mit Dachgärten, die den Bewohnern vorbehalten sind. Diese ausdifferenzierten, grünen Freiräume ergänzen die öffentlichen urbanen und grünen Räume in der Erdgeschoßzone, die eine Abfolge von unterschiedlichen Platzsituationen und Gassen bilden. Die nachhaltige Ausrichtung der Stadtentwicklung wird unter anderem durch die Quartiersgaragen unterstrichen, deren Ausgänge in den öffentlichen Raum führen, um die soziale Interaktion der Bewohner zu fördern, und durch zwei Initiativen der Urban Food Production: einem mehrgeschoßigen Bioregal an der Südseite des Hotels und einer, als publikumsoffenes Forschungsprojekt konzipierten Aquaponic-Farm.

DI Martin Grabner